REPORTAGE. Zwar gibt es für einen echten Wanderer nichts Schöneres, als sich an frischer Luft und auf weichem Waldboden durch unverfälschte Natur zu bewegen. Aber an dieser Stelle soll einmal eine andere Art der Walz vorgestellt werden: das Kulturwandern auf dem Kölnpfad. Dabei lernt man Köln aus Perspektiven kennen, von denen man im Alltagstrott noch nicht einmal geahnt hat, dass es sie überhaupt gibt.
Dem „Kölner Eifelverein“ – der allergrößten Wert darauf legt, nicht mit „dem anderen Eifelverein“ verwechselt zu werden – ist zu verdanken, dass es einen anspruchsvollen Rundwanderweg um die komplette Stadt der sieben Rheinbrücken gibt: den Kölnpfad.
Auf 11 Etappen zwischen 9 und 22 Kilometern Länge führt er nicht nur durch Felder, Wiesen und Auen, sondern auch zu einem erheblichen Teil über und unter Autobahnen und Gleisanlagen, durch Gewerbegebiete, vorbei an Logistikzentren, großen Produktionsstätten und Anbauflächen für Gemüse und Getreide.
Dabei geht es oft genug über asphaltierte Wege und manchmal sogar über groben Schotter. Aber der Kölnpfad streift auch umliegende kulturgeschichtliche Denkmäler, bringt den Wanderer zu Felsengärten und Weihern, Schlössern und kleinen Kirchen, Skulpturen, verschlafenen Rheindörfern und zahllosen kleinen Hinguckern am Wegesrand.
Sowohl der Beginn als auch das Ende einer jeden Etappe ist problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Linksrheinisch von Süd nach Nord
Die erste Etappe der Tour beginnt an der „Alten Liebe“ in Rodenkirchen und führt in südliche Richtung am Rhein entlang nach Weiß. Dort, an der Anlegestelle der Personenfähre nach Zündorf, schlägt sich der Pfad ins Hinterland und beschreibt einen weiten Bogen, zunächst auf der Höhe der Militärringstraße, um die westlichen Stadtteile herum.
Selbst in Gegenden, die man zu kennen meint – wie etwa auf der Anlage um den Decksteiner Weiher oder um das RheinEnergieStadion ‑, hält der Kulturwanderweg etliche Überraschungen bereit. So erfährt man etwa auf einem Gedenkstein Wissenswertes über das Judenlager Müngersdorf und am Haus Belvedere von den Landpartien der alten Kölner mit den Zügen der Rheinischen Eisenbahngesellschaft.
An der Grenze zu Ossendorf erfolgt ein Stich in den Norden, wo die Ebenen weiter werden und es schon bei leichten Winden recht zugig werden kann. Hier findest du einen Beitrag zum Nüssenberger Busch, den der Kölnpfadler dort findet.
Vorbei an Escher See und Fühlinger See lässt man Chorweiler hinter sich, passiert Anbaugebiete von Zuckerrüben und Getreide bis nach Roggendorf/Thenhoven und durchwandert das wunderbare Worringer Bruch.
Anschließend geht es auf dem Rheindamm, gegenüber von Hitdorf und Rheindorf in Leverkusen, zurück Richtung Dom, vorbei an Ford-Werken und durch den Niehler Hafen zur Mülheimer Brücke, wo der Kölnpfad zum ersten Mal den Rhein überquert.
Schäl Sick und Gipfelkreuz
Von Mülheim aus verläuft der Weg wieder nach Norden, über Stammheim nach Schlebusch und Flittard, von wo aus der Kölnpfad die östliche Route durch sehr schöne Forstanlagen über Dünnwald nach Bensberg nimmt. Hier wird man bei gutem Wetter auf dem geschichtsträchtigen Schloss mit einem fantastischen Blick auf den Niederrhein belohnt – wenn man Pech hat, reicht er bis nach Düsseldorf.
Dies ist zwar der höchste Punkt des Rundwanderweges, aber die höchste Erhebung auf Kölner Stadtgebiet erreicht man erst auf der nächsten Etappe, in deren Verlauf man mitten im Königsforst den „Monte Troodelöh“ erklimmt.
Die Legende erzählt, dass sich am Zwölften im Elften des Jahres 1999 drei Männer – Michael Troost, Friedrich Dedden und Kai Löhmer ‑ gemeinsam mit ihrem Sherpa – Longway mit Namen ‑ erschöpft den Wolfsweg hinaufkämpften. Um genau 15.47 Uhr ermittelte Sherpa Longway mithilfe einer Wasserwaage die Höhe dieses Punktes: 116,7 Meter über Normalnull (Anm.: 118,04 laut einer nachträglichen Messung des Katasteramts Köln im Jahr 2000). Dies war bis zu diesem Zeitpunkt nur einigen Landvermessern und Bürokraten bekannt gewesen, doch ab da war es lokales Allgemeinwissen.
Die Männer tauften den „Berg“ mit einem Akronym aus den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen und errichteten ein „Gipfelkreuz“. Mehr interessante Infos – etwa zum jährlich dort stattfindenden Geocaching-Marathon ‑ finden sich auf der Internetseite Monte Troodelöh.
Zwar geht es ab der tektonisch höchsten Stelle von Köln noch weiter den Hang hinauf, aber das gil(de)t nicht, denn das ist ja schon Bergisch Gladbach.
Auf dem Kölnpfad der Geschichte Kölns nachgegangen
Durch die Wahner Heide, in der der Kölnpfad zum zweiten Mal kurz das Kölner Stadtgebiet verlässt, geht es weiter Richtung Lind, vorbei an Niederkassel und wieder zum Rhein, wo man auf der letzten Etappe über die Rodenkirchener Brücke zurück zum Ausgangspunkt gelangt.
Wer den Kölnpfad mit seiner Gesamtlänge von 171 Kilometern gewandert ist, trägt eine Fülle von Eindrücken mit nach Hause. Er wird Köln mit weiterem Bewusstsein sehen als zuvor. Schließlich ist er der Geschichte und Gegenwart dieser Stadt im wahrsten Sinne des Wortes einmal nachgegangen.
Weitere Infos unter www.koelner-eifelverein.de.
Sehr empfehlenswert ist das Begleitbuch Der Kölnpfad von Steffi Machnik. Es stellt die einzelnen Etappen mit ihrem Verlauf, ihren historischen und kulturellen Besonderheiten, Sehenswürdigkeiten und Einkehrmöglichkeiten vor und sorgt so dafür, dass einem nichts entgeht.
Ich selbst bin den Kölnpfad schon zweimal gegangen – einmal hin und einmal wieder zurück. Und natürlich bin ich mächtig stolz auf meine Trophäen:
Text & Fotos: -bevi
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