Gastbeitrag von Michael Waßerfuhr

Ist euch das auch schon mal aufgefallen? Ich kenne Menschen, die schreiben können. Sie tun es für sich und lassen den Text in einer Schublade verschwinden. Manchmal wird das Werk in vertrauter Runde vorgetragen, aber dann verschwindet es wieder im Dunkel der Schublade oder ist eine fast vergessene Datei im Rechner. Jetzt mal abgesehen von den Profis, die ihr Geld damit verdienen.

Komisch, oder? Das Netz ist voller Geschreibsel, aber etwas Spannendes, Lehrreiches oder etwas zum Schmunzeln ist irgendwie selten. Warum? Ich bin auf eine Parallele gestoßen:

Bei uns auf der Arbeit haben wir eine Kickerliga. Jeder gegen jeden, ein kurzes Spiel nach Kneipenregeln, bis der Erste sechs Tore hat. Kurz, knackig, wie ein Sumo-Kampf. Die Regeln, insbesondere unter dem Aspekt der Arbeitstauglichkeit, haben wir uns in einer Testphase erarbeitet.

Die Gruppe in der Testphase war zu groß, was wir lernen mussten. 30 Leute, jeder gegen jeden, das sind 870 Spiele, bis das Ergebnis steht. Das Problem ist aber vor allem, dass die guten Spieler sich, ohne eine Spannung zu verspüren, durch die ganzen schlechteren Spieler quälen mussten. Umgekehrt auch, die schlechteren Spieler mussten sich ihre Abreibung gegen die Überlegenen abholen.

Natürlich liegt die Lösung auf der Hand: die Einteilung nach Leistungsstärke.

Die Folge davon lässt mich schmunzeln. Die Spieler in der unteren Liga haben Spaß. Sie stellen sich nicht nur an die Stangen und versuchen, eine gute Figur zu machen. Nein, der Kampf beginnt mit verbalem Imponiergehabe. Der Gegner ist ähnlich schlecht, ist zu schlagen. Ein Sieg wird gefeiert. In der oberen Liga finden hingegen kaum Spiele statt. Man belauert sich eher, geht Gegnern aus dem Weg. Oft höre ich ein gespielt lässiges „Ach, lass die anderen mal vorlegen“. Der Gegner ist ja ähnlich gut, kann auch kickern. Zu viele Niederlagen bedeuten das Versinken in der Bedeutungslosigkeit. Die Angst vor der Niederlage geht um. Das hemmt.

Ist es beim Schreiben nicht ähnlich? Die, die es eigentlich nicht können, gehen unbedarft heran und freuen sich über das Ergebnis. Die, die wissen wie es geht, fürchten die eigene Schwäche und zeigen ihre Leistung nur selten.

Warum? Lasst es uns ändern. 

Text & Foto: Michael Waßerfuhr

 

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